Jonas Schmid auf dem Weg an die Spitze
Der Hindelanger Jonas Schmid ist angekommen in der Weltspitze. Dabei hatte der 24-Jährige den Spaß am Sport schon fast verloren. Der Bundestrainer traut ihm Großes zu
Jonas Schmid ist nicht in der Form seines Lebens – noch nicht. Darauf legt der 24-Jährige großen Wert: „Das hieße, dass nicht mehr viel geht“, sagt der Bad Hindelanger. Denn der Telemarker hat noch allerhand vor. „Ich entwickle mich jährlich weiter. Jeder Winter läuft besser. Es fühlt sich gut an“, ergänzt Schmid.
Dass Schmid in vermeintlicher Lauerstellung hinter der deutschen Galionsfigur im Telemarken, Tobias Müller vom SC Fischen, zu Siegen ebenso in der Lage ist, zeigte der Ski-Akrobat jüngst beim Heimweltcup am Oberjoch, als er am zweiten Tag zu seinem dritten Weltcup-Sieg raste. Und das beim ersten Wettkampf-Wochenende, nachdem er zuvor studienbedingt acht Wochen ausgesetzt hatte. „Ich glaube, ich fahre die beste Saison meiner Laufbahn. Ich bin vor ein paar Jahren ganz vorne angekommen, inzwischen habe ich mich etabliert“, sagt Schmid. Eine Punktlandung in der Weltspitze, wenn man so will.
Das sieht sein Trainer Fritz Trojer ähnlich: „Dadurch, dass er Student ist, wird er besser, je länger die Saison dauert“, sagt der 34-Jährige, der Schmid seit über sechs Jahren trainiert: „Er ist frischer vom Kopf und schlägt dann richtig ein, wenn er unbeschwert fahren kann.“ Letzteres war nicht immer so.
2010 nämlich stieg Jonas Schmid um. Die Geschichte seiner Findung ist schnell erzählt. Das „Wintersport-Kind“, dessen Mutter Monika Berwein-Schmid 1976 bei Olympia in Innsbruck startete, steht auf Alpinskiern seit dem Alter von drei Jahren. Zunächst beim SV Hindelang, ab 2002 mit zehn Jahren beim Skiclub Oberstdorf, durchlief Schmid alle Jugendklassen und -Wettkämpfe im alpinen Zirkus. Bis ihn mit 18 die Lust verließ.
„Am Ende hat man sich zu stark auf Rennen fokussiert, man stand unter Zugzwang, immer einen Schritt weiterzukommen in der Kaderstruktur“, erinnert sich Schmid und fügt an: „Ich habe mit 18 Jahren die Freude verloren.“
Dann kam Benedikt Holzmann. Der Oberstdorfer Telemarker, Bruder der deutschen Vorzeigeathletin Johanna, hat Schmid zum Sport mit dem Kniefall „verführt“. Der 24-jährige Hindelanger erinnert sich: „Die Telemark-Gemeinschaft ist wie eine Familie, sie haben mich aufgenommen und mir den Spaß wiedergebracht. Es macht Freude, ungezwungen Skifahren zu gehen. Es ist eine erfrischende Art von Leistungssport.“ Der Wechsel zum Telemarken habe ihn mit Leuten zusammengebracht, die „unterschiedliche Lebenswege gegangen sind. Da bin ich in vielen Bereichen gereift“, sagt Schmid.
Heute ist der Student der Verpackungstechnik im Reinen – mit sich, mit dem Sport. WM-Bronze 2015 in Steamboat Springs hat Jonas Schmid – der in seiner Laufbahn von Verletzungen verschont geblieben ist – schon gewonnen. Mehr soll folgen. „Ich will eines Tages den schnellsten Schwung im Weltcup fahren“, sagt der gebürtige Oberstdorfer ambitioniert. Auf dem Weg dahin steckt er sich große Ziele, wie es sich für einen Athleten in der Weltspitze gehört. In einem Monat steigt die WM im französischen La Plagne.
Bei dieser traut nicht nur er selbst sich „Bronze zu, „wenn ich meine beste Leistung abrufen kann.“ Auch der Bundestrainer glaubt an den aktuell zweitbesten Deutschen im Weltcup-Zirkus. „Dass er gewinnen kann, wissen wir alle. Wenn er es schafft, Stabilität in die Leistungen zu bringen, ist für ihn alles drin“, sagt Fritz Trojer. „Jonas ist gewissenhaft und zuverlässig als Typ. Grübelnd und verkopft im Training. Aber auf der Piste ist er ein reiner Instinkt-Rennfahrer. Da kann man ihn kaum halten.“
Text: Allgäuer Anzeigeblatt